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Philosophie der Mathematik Es gibt im wesentlichen vier Deutungen der Mathematik; die eigene Wahl der Deutung bestimmt zu einem großen Teil, wie man die bemerkenswerte Eignung der Mathematik zur Naturbeschreibung einschätzt. Jede Deutung verbindet etwas anderes mit der Behauptung, eine mathematische Aussage sei "wahr". Wir nennen diese vier Möglichkeiten Platonismus, Konzeptualismus, Formalismus und Intuitionismus. Platonismus Danach wird die Mathematik von den Mathematikern entdeckt und nicht erfunden. Alle von Mathematikern verwendeten und als nützlich empfundenen Begriffe, wie zum Beispiel Gruppen und Mengen, Dreiecke und Punkte, Unendlichkeit und auch Zahlen, gibt es 'dort draußen' wirklich und unabhängig vom menschlichen Geist und damit auch von den Mathematikern; sie sind nicht von Menschen geschaffen, sondern Verkörperungen des innersten Wesens der Wirklichkeit. "pi" ist wirklich himmlisch. Diese mathematischen Objekte existieren nicht im Raum und in der Zeit unserer Erfahrung. Sie sind abstrakte Größen; mathematische Wahrheit bedeutet eine Entsprechung zwischen den Eigenschaften dieser abstrakten Objekte und unseren Symbolsystemen. Für Platonisten ist die Mathematik eine universale Sprache, die theoretisch auch der Kommunikation mit Außerirdischen dienen könnte, denn sie halten sie für die Beschreibung von etwas Geistigem und Absolutem. Die Mathematik beschreibt also das Wirken der Natur so genau, weil die Natur einfach und unerklärlicherweise wirklich mathematisch ist und unserer Mathematik zugrunde liegt. Konzeptualismus Dieser Auffassung nach, die besonders in den Gesellschaftswissenschaften beheimatet ist, erschaffen wir selbst mathematische Strukturen, Symmetrien und Muster und pressen dann die Welt in diese Form hinein, weil wir sie so zwingend finden. Letztlich ist es kulturbedingt, welche Mathematik wir konstruieren. Wir erfinden sie nicht. Mathematik ist das, was Mathematiker tun. Sie sprechen auch nicht von "der mathematischen Theorie", die die Welt beschreibt, sondern von "mathematischen Modellen", mit denen sich die Welt beschreiben läßt. Erkenntnistheoretisch läßt sich das so begründen, daß unserer Verstand der Erfahrung mathematische Ideen aufdrängt bzw. Erfahrungen in mathematischen Denkkategorien ordnet (Kants Tranzendentalismus), oder daß die Natur im Laufe der evolutionären Anpassung unserem Verstand die Mathematik eingeprägt hat (evolutionäre Erkenntnistheorie). Formalismus Diese Auffassung war eine Reaktion auf die mathematische Grundlagenkrise des 19.Jahrhunderts (logische Paradoxien, unendliche Mengen etc.). Das Programm, dessen Urheber der deutsche Mathematiker David HILBERT (1862-1943) war, beruht auf dem Gedanken, daß Mathematik nichts anderes sei als der nach bestimmten Regeln erfolgende Umgang mit Symbolen. Das sich ergebende Papiergebilde hat überhaupt keine weitere Bedeutung. Es sollte bei richtiger Handhabung zu ungeheuer vielen tautologischen Aussagen führen: ein Kunstwerk logischer Verbindungen. Die Formalisten interessieren sich nicht für den Zusammenhang zwischen der Welt der Natur und der Struktur der Mathematik. Die Nützlichkeit der Mathematik bei der Beschreibung der Natur ist für sie nur eine Merkwürdigkeit, die nichts mit Mathematik zu tun hat. Intuitionismus Hierbei handelte es sich ebenfalls um eine Reaktion auf das Auftauchen nicht-intuitiver Begriffe in der Mathematik (z.B. transfinite Zahlen). die Intuitionisten sind bestrebt, die Mathematik möglichst konservativ auf der kleinsten und sichersten "Insel" jener Intuition zu begründen, die seiner Meinung nach unbezweifelbar unser Gemeingut sind. Für L.E.J. BROUWER, den Begründer dieser Richtung, bestand diese Insel aus den "natürlichen " Zahlen 1, 2, 3, und einfachen Zählverfahren. In diesem Sinne definiert er Mathematik als das Gebäude, das sich in endlich vielen Schritten durch stufenweise Deduktion auf diesem Fundament konstruieren läßt. Intuitionisten lehnen demnach alle Überlegungen ab, die die Existenz einer Größe beweisen, aber keine Vorschrift zu ihrer Konstruktion mitliefern. Für den Zusammenhang von Natur und Mathematik gilt für den Intuitionismus dasselbe wie für den Formalisten. |