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Die Logik - Werkzeug der
modernen Philosophie (II)
Prädikatenlogik
Die Prädikatenlogik ist wesentlich leistungsfähiger als die
Aussagenlogik, sie enthält schon fast alle logischen Hilfsmittel, die man zur Analyse
wissenschaftlicher Begriffsbildungen und Beweise benötigt.
Während man in der Aussagenlogik die Bildung von komplexen Sätzen aus einfachen
betrachtet,die Struktur der einfachen Sätze hingegen nicht analysiert, untersucht man in
der Prädikatenlogik, wie solche einfachen, aussagenlogisch nicht zusammengesetzten Sätze
gebildet sind.
Die einfachsten Sätze der Umgangssprache sind Sätze, die nur aus Subjekt und Prädikat
bestehen (z.B. Fritz schnarcht. oder Xaver ist ein Bayer.). Diese
grammatikalischen Begriffe sind für logische Zwecke zu ungenau. Hier verwenden wir als
Subjekt nur Namen für Individuen (im Sinne von Einzelgegenstände). Prädikate
sind dagegen das, was übrigbleibt, wenn man in einem einfachen Satz den oder die in ihm
vorkommenden Namen wegstreicht.
Emil ist gestürzt.
Maria ist klug.
Erna liebt Max.
München liegt zwischen Garmisch und Nürnberg.
Wir können diesen Sätzen auch eine logische Normalform geben:
ist gestürzt (Emil)
ist klug (Maria)
liebt (Erna, Max)
liegt zwischen (München, Garmisch, Nürnberg)
Nun ist es nur noch ein kleiner Schritt zu einer formalen, vom Inhalt
der Sätze abstrahierenden logischen Form. Man benötigt dazu Mitteilungszeichen für
Prädikate (F, G, H ...) und Mitteilungszeichen für Namen (a, b, c ...). Damit
können wir die logische Form einfacher Sätze darstellen:
F(a) = "a hat die Eigenschaft F" bzw. "F trifft auf a zu" oder
einfach "F von a"
F(a,b) = "a steht zu b in der Beziehung F"
F(a,b,c) = "a,b,c stehen zueinander in der Beziehung F"
Man kann nun solche einfachen Sätze durch Satzoperatoren zu neuen Sätzen verbinden,
z.B.:
Ø F(a), G(a,b)É Ø H(a,b,c), usw.
Mit der Analyse der einfachen Sätze der Aussagenlogik in Namen und
Prädikate verstärkt man die Ausdrucksfähigkeit der Aussagenlogik noch nicht wesentlich.
Der entscheidende Schritt im Aufbau der Prädikatenlogik besteht in der Einführung von
prädikatenlogischen Operatoren, die aus einstelligen Prädikaten Sätze erzeugen.
Solche Ausdrücke sind z.B.: alle, alles, sämtliche, jeder. Diese Wörter drücken
eine Generalisierung aus. Wir können z.B. aus dem Prädikat "ist rot" mit dem
Wort "alles" den Satz "Alles ist rot" bilden.
Diesem Satz kann man auch die Form "Für jedesDing gilt: es ist
rot" geben. Das Pronomen "es" ist dabei natürlich kein Name mehr,
sondern bezieht sich auf den generalisierenden Ausdruck "jeder". Er wird daher
durch eine Variable (x, y, z ...) ersetzt, wodurch sich die Formulierung "Für
jedesDing x gilt: x ist rot" ergibt. Dabei ist x ein Element der Grundmenge aller
Dinge (in einem Bereich).
Diesem Ausdruck können wir ebenfalls eine logische Form geben. Dazu
brauchen wir ein Symbol, das für die Generalisierung steht, den sogenannten Alloperator
(L , " , (x)):
Aus "Für jedes (Ding) x gilt: x ist rot" wird LxF(x).
Den Ausdruck Lx bezeichnen wird dabei
als Allquantor.
Weitere Beispiele:
Alle Wale sind Säugetiere Þ Wenn x ein Wal ist, dann ist x
ein Säugetier Þ Lx(F(x)É G(x))
Kein Wal ist ein Fisch Þ Wenn x ein Wal ist, dann ist x kein
Fisch Þ Lx(F(x)É
Ø G(x))
Als zweiten Ausdruck, mit dem sich aus einem einstelligen Prädikat ein
Satz erzeugen läßt, betrachtet man in der Prädikatenlogik den Ausdruck etwas (oder:
ein, es gibt ein, einige, manche):
"Etwas ist rot" wird dabei gedeutet als: "Es gibt
(mindestens) ein Ding x, für das gilt: F(x)"
Für die logische Form benötigen wir einen weiteren Operator, den sogenannten Existenzoperator
(V,$ ), den Ausdruck Vx bezeichnen wir analog als Existenzquantor.
Als logische Form des obigen Satzes ergibt sich dann: Vx F(x)
Die beiden Quantoren sind wechselseitig definierbar: LxF(x)
º Ø VxØ
F(x)
Mit Hilfe des Existenz- und Alloperators können wir folgende, aus den
aristotelischen Syllogismen bekannten Satzformen bilden:
Alle F sind G:
Lx(F(x)É G(x))
Kein F ist ein G:
L x(F(x)É Ø G(x))
Einige F sind G:
Vx(F(x)Ù G(x))
Einige F sind nicht G:
Vx(F(x)Ù Ø G(x))
Die Prädikatenlogik bietet jedoch auch die Möglichkeit des mehrfachen
Quantifizierens, was ihre Überlegenheit über die traditionelle Logik ausmacht:
Jeder liebt jeden
LxL yG(x,y)
Jeder liebt jemanden LxVyG(x,y)
Jemand liebt jeden VxL yG(x,y)
Jemand liebt jemanden VxVyG(x,y)
Semantik der Prädikatenlogik
Einer Interpretation der Prädikatenlogik müssen wir einen Bereich von Gegenständen, der
mindestens ein Objekt enthalten soll, zugrunde legen. Die Gegenstandskonstanten (a,b,c
...) werden dann als Namen für Objekte dieses Gegenstandsbereichs und die
Prädikatenkonstanten als Umfänge von Begriffen, die sich auf diese Objekte beziehen,
gedeutet. Unter dem Umfang eines einstelligen Begriffs (einer Eigenschaft) versteht
man die Menge aller Objekte, die diese Eigenschaft haben. Der Umfang des Begriffs Mensch
ist also die Menge aller Menschen. Als Umfang einer n-stelligen Beziehung versteht man die
Menge der Folgen von n Objekten, die zueinander in der Beziehung stehen. Der Umfang des
Begriffs "kleiner als" für natürliche Zahlen ist die Menge aller Zahlenpaare
x,y, für die gilt, daß x kleiner als y ist (z.B. (1,2), (2,3), (1,3) usw.).
Erweiterungen der Logik
Für mathematische Zwecke wird die Prädikatenlogik noch um einige weitere Aspekte
erweitert, z.B. Identität (=), Kennzeichnungen (dasjenige x, für das
gilt F(x)) oder Funktionsausdrücke (f(x)).
Der nächste Schritt ist die sogenannte Mengenlehre, bei der der
Mengenbegriff (die Menge aller x für die gilt F(x)) und der Elementbegriff (a
ist Element der Menge S ). Die Mengenlehre wird jedoch von
vielen Autoren (z.B. Quine) nicht mehr zur Logik im engeren Sinn gerechnet, da darin der
Bereich unserer natürlichen Intuition verlassen wird.
Philosophische Logiken
Philosophische Logiken bauen auf den Erkenntnissen der formalen Logik auf
und versuchen die Verwendung bestimmter Begriffe, die in dem jeweiligen Gebiet von
grundlegender Bedeutung sind, logisch zu rekonstruieren. Charakteristisch für diese
Logiken ist, daß es häufig eine Vielzahl alternativer Lösungen gibt, daß meist neue
Operatoren eingeführt werden und daß nicht selten Teile der formalen Logik modifiziert
werden müssen.
Modallogik
Zu den ältesten Bemühungen um eine philosophische Logik, die bis auf
Aristoteles zurückreichen, gehören die Versuche, eine Logik der Modalitäten zu
entwickeln, d.h. die Bedeutung der Begriffe 'notwendig', 'möglich' und 'unmöglich'
zu klären.
- Welcher logische Zusammenhang besteht zwischen den Ausdrücken 'notwendig',
'möglich' und 'unmöglich'?
- Wann sind die Sätze "Es ist notwendig, daß Napoleon ein Mann war.(Np)"
bzw. "Es ist möglich, daß Hitler Kunstmaler geworden wäre. (Mq)" wahr?
Die übliche Semantik der Aussagenlogik läßt sich hier nicht
anwenden, sondern es ist eine sogenannte Semantik möglicher Welten notwendig.
Mögliche Welten bedeutet hier: 'logisch mögliche Welten'.
- Wie sind logisch mögliche Welten zu denken?
Deontik
Die deontische Logik oder kurz: Deontik, gehört zu den interessantesten
Gebieten der philosophischen Logik und ist vorallem für die Ethik, die Rechtsphilosophie
und die Staatsphilosophie von Bedeutung. Ganz allgemein befaßt sich die Deontik mit den
logischen Beziehungen zwischen normativen Sätzen, d.h. Sätzen, die auf den Begriffen
der Verpflichtung, des Erlaubtseins und des Verbotenseins basieren.
- Welcher logische Zusammenhang besteht zwischen den Begriffen 'Verpflichtung',
'Erlaubtsein' und 'Verbot'?
- Welche Art von Sätzen sind in Formeln der deontischen Logik einzusetzen (z.B. erlaubt-p,
verboten-p)?
- In älteren Systemen der deontischen Logik lassen sich die folgende Schlüsse
beweisen:
verpflichtend-p ® verpflichtend-(p oder q)
erlaubt-q ® erlaubt-(p oder q)
Finde Beispiele, die zeigen, daß sie unserer natürlichen Intuition widersprechen. Was
könnte der Grund für diese Paradoxien sein?
Epistemische Logik
Die epistemische Logik ist die Logik des Glaubens und Wissens.
Gerade hier gehen die Auffassungen sehr weit auseinander, so daß sich kaum ein
einheitlicher Ansatz ausmachen läßt. Es handelt sich weitgehend um
Spezialuntersuchungen, die die Bedeutung der Begriffe 'Glauben' und 'Wissen' zu klären
versuchen. Nichtsdestotrotz gehört die epistemische Logik zu den wichtigsten
philosophischen Logiken.
- Welches Problem ergibt sich hinsichtlich der Wahrheit folgender Sätze:
Franz Josef Strauß war bayerischer Ministerpräsident im Jahre
1985.
Ich glaube, daß Franz Josef Strauß bayerischer
Ministerpräsident im Jahre 1985 war.
[Hinweis: Man ersetze den Namen 'Franz Josef Strauß' durch den
synonymen Ausduck 'der Bundesverteidigungsminister im Jahre 1960']
- Was meine ich, wenn ich sage, daß ich weiß, daß (bzw. daß ich
glaube, daß) "Franz Josef Strauß bayerischer Ministerpräsident im Jahre
1985 war"?
Wenn wir von 'Glauben' reden, dann werden wir sehr schnell bei Graden
des Glaubens angelangt sein. So ergibt sich hier ein natürlicher Übergang zur Logik
der Wahrscheinlichkeiten.
Entscheidungslogik / Spieltheorie
Viele Autoren sind der Meinung, man könne 'Glauben' und 'Wissen'
nicht vom Handeln des Menschen trennen. Indem man Zusammenhänge zwischen
Handlungen, Handlungsfolgen und Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten der Folgen
herstellt, erhält man eine Theorie der rationalen (vernünftigen) Entscheidung.
Diese Disziplin ist insbesondere im Bereich der Wirtschaftswissenschaften von Bedeutung.
Während die Entscheidungstheorie das Handeln einzelner Individuen beschreibt ist die
Spieltheorie eine Theorie der kollektiven Rationalität, d.h. sie beschreibt wie
zwei oder mehrere Personen, deren Interessen sich teilweise oder ganz widersprechen,
vernünftigerweise ihre Handlungen aufeinander abstimmen. Die Spieltheorie wird zur
Analyse spielähnlicher Situationen im politischen Leben, im Geschäftsleben oder in
internationalen Konflikten angewendet.
Mehrwertige Logiken
Diese Logiken haben gemeinsam die Einführung zusätzlicher
Wahrheitswerte neben 'wahr' und 'falsch'. So erweist es sich für die Analyse des
folgenden Satzes als günstig, den zusätzlichen Wert 'unbestimmt' einzuführen, um der
umgangssprachlichen Bedeutung Rechnung zu tragen:
"Max hängt sehr an seiner Briefmarkensammlung."
Der wichtigste Typ einer mehrwertigen Logik ist die sogenannte Fuzzy-Logik.
Hier wird den entsprechenden Sätzen ein Wahrheitswert zwischen 1 (wahr) und 0 (falsch)
zugeordnet. So kann man Sätze als 'wahrscheinlich wahr', 'möglicherweise
falsch' etc. bezeichnen. Diese Logik ist von großer Bedeutung bei der
Computersteuerung von technischen Geräten, insbesondere dann, wenn gewisse
Ungenauigkeiten nicht vermieden werden können bzw. die Maschine 'Entscheidungen treffen'
muß.
Literatur
- Willard van Orman Quine: Grundzüge der Logik
- Franz von Kutschera/Alfred Breitkopf: Einführung in die moderne Logik
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